Die Rolle von Wissensmanagement in der Automatisierung

Forschungsprojekt KiWi Pro

Götz Piwinger
Knowledge Management People & Culture Learning & Development
Die Rolle von Wissensmanagement in der Automatisierung

Bisher waren die meisten Knowledge Management Systeme mehr oder weniger statisch. Daten in unterschiedlichsten Formaten wurden gesammelt und in digitalen Wissensräumen zielgruppengenau bereitgestellt, im besten Fall durch eine personalisierte KI-Suche. Was fehlte, war die dynamische Anbindung an Maschinen und Automaten zur Weiterverarbeitung der Daten. In einem Forschungsprojekt des BMBF (Bundesministerium für Bildung & Forschung) soll diese Lücke nun geschlossen werden.

In KiWi Pro werden Produktionsdaten jeder Art dynamisch in ein Wissensmanagement-System (KMS) übertragen. Mit Kiwi Pro können beliebige Daten, wie beispielsweise Kameradaten, Maschinendaten oder auch Bildschirmabläufe (Screenrecording) automatisch strukturiert in einem KMS erfasst und weiterverarbeitet werden. Unser Forschungsbudget schloss die Entwicklung eines eigenen KMS aus. Deshalb mussten wir eine Marktrecherche für ein Wissensmanagementsystem mit besonderen Eigenschaften durchführen, die sich im Weiteren erklären werden.

Die Datenaufbereitung ist nur dann notwendig, wenn Prozessdaten interpoliert oder anderweitig aufbereitet werden müssen, vor allem durch den Einsatz von KI. Dies kann beispielsweise der Fall bei manuellen Arbeitsabläufen sein, die durch Kameras erfasst werden müssen. In diesem Fall müssen tausende von Prozessfolgen übereinandergelegt werden, um den idealen Weg des Arbeitsablaufs zu errechnen/interpolieren. Dieser Zwischenschritt ist auch bei der Analyse von Bildschirm-Bedienvorgängen sinnvoll. Anders verhält es sich bei der Übertragung von eindeutigen Daten, die beispielsweise bei Produktions- oder Verarbeitungsabläufen durch technische Signalgeber gesendet werden.

Allen Übertragungen ist gemeinsam, dass die Daten strukturiert in Projekte, Kategorien oder Rubriken und jeweilige Unterkategorien in der Wissensmanagement-Datenbank abgelegt werden können. Im Falle des ausgewählten KMS der können die Daten dann mit speziellen Gruppen oder Rollen verknüpft werden. Ein ausgeklügeltes Rollen- und Rechtesystem ist unerlässlich. Eine weitere Herausforderung liegt in der Datensicherheit. Sobald sensible Daten im KMS landen, müssen diese jedem Angriff von aussen standhalten. Alle Daten werden in einem zentralen Medienpool organisiert, der komplett nach aussen abgeschirmt ist, also auch nicht durch einen kryptischen Link erreichbar ist, wie dies in ca. 90% der angebotenen Cloudanwendungen leider der Fall ist. Ausserdem wird eine saubere Versionsverwaltung – ähnlich wie in einem DMS – benötigt.

Wenn es nun um die Weiterverarbeitung der Daten geht, müssen Standard-Schnittstellen, wie (Rest-)API bereitstehen. Im Falle von KiWi sollen die Daten aus Arbeitsabläufen an Bildschirmarbeitsplätzen und an Laborprüfplätzen (Produktion) verwendet werden, um Tutorials oder auch E-Learning-Sequenzen daraus zu erzeugen. Hier kommt uns eine besondere Eigenschaft des KM-System zur Hilfe: KMS und Learning Management System (LMS) greifen beide auf den zentralen Medienpool zu (Single Source of Truth). Optional ist die Anbindung eines Talent Management Systems (TMS) möglich. Dadurch können die Produktions-Sequenzen mit den aufbereiteten Daten direkt für die Erstellung von Lerndaten, Qualifikationen, Tutorials oder für die schnelle Einarbeitung genutzt werden. Die Entwicklung geschieht in mehreren Evolutionsschritten. Ganz am Ende steht – und das ist das strategische Ziel des gesamten Projektes – die vollständige Automatisierung der Arbeitsabläufe. Dies ist Sinne des Fachkräftemangels und der ortsübergreifenden Produktionsplanung.

Ein potentes Wissensmanagement-System wird zum Zentralgehirn jeder Organisation -zum Dreh- und Angelpunkt jeder Informationsverarbeitung. Wer sich heute digital für die Zukunft vorbereiten will, speichert sein Know-how nicht in Köpfen, Ordnern oder lokalen Datenbanken oder anderen Anwendungen, sondern im Sinne der Schwarmintelligenz in einem KMS. Wir gestalten die Bildungsangebote, wie Kurse oder E-Learning etc. übrigens auch unter Zuhilfenahme des KMS. Diese Kurse können dann bestimmten Projekten, Wissensräumen, Gruppen oder Personen zugeordnet werden. Das KMS ist durch seine Schnittstellenstärke bei hoher Datensicherheit für vielseitige Produktivitätsoptimierungen einsetzbar, für die man ohne den Einsatz eines Wissensmanagement-Systems mit inkohärenten Insellösungen und allen damit verbundenen Problemen zu kämpfen hat. Der Kern der Digitalisierung liegt in der dynamischen Verbindung von Anwendungen hin zu einem durchgängigen Workflow.

Im Wissensmanagement-System wird dann auch ersichtlich, wer der Fachansprechpartner für den jeweiligen Prozess ist. Ausserdem zeigt die intelligente (KI-)Suche stets verwandte Ergebnisse an. Wenn Wissensmanagement als Prozess mit System eingesetzt wird, entsteht eine zentrale Ressource oder sogar Asset im Unternehmen. Denn hier wird das gesamt Produktions-Know-how des Unternehmens in geschützten Wissensräumen versioniert organisiert. Dies führt in der Konsequenz nicht nur zur Fehlervermeidung, sondern bildet die Basis für eine durchgängige Digitalisierungsstrategie ohne Medienbrüche.

Perspektive

Um bei unserem KiWi-Pro zu bleiben: Die strategische Perspektive unserer Forschung führt gezielt zur konsequenten Automatisierung. Dies beginnt mit der Datenerfassung. Diese Daten werden fallweise mit intelligenten Kameras aufgearbeitet und in einer KI-Umgebung auf ihre Verlässlichkeit und Optimierung hin geprüft, um die Daten dann an das Wissensmanagement-System weiterzugeben. Dies ist beispielsweise immer der Fall, wenn Menschen manuelle Vorgänge ausführen, sei es in der Produktion oder in der medizinischen Pflege. Da der Fachkräftemangel sich perspektivisch nicht bessern wird und wir unsere Produktionen vermehrt aus dem Ausland zurückholen wollen, müssen wir konsequent automatisieren. Durch diese zu erwartende Unabhängigkeit ist die Investition leicht zu rechtfertigen.

 

Fazit:

Jede Organisation, ob für Dienstleistung, Service oder Produktion, steht vor der Aufgabe der Digitalisierung und Automatisierung seiner Arbeitsabläufe. Neben den Veränderungen im Management, den Prozessen und dem Mindset der Beschäftigten steht die Herausforderung, alles Wissen im Sinne von Schwarmintelligenz zu sichern und zielgerichtet bereitzustellen, beziehungsweise zu nutzen. Die ersten Ergebnisse unseres Projekts zeigen, dass ein leistungsfähiges Wissensmanagement-System die Voraussetzung für Digitalität – dem Zusammenwirken von Mensch und Maschine und der Digitalisierung im Sinne der Automation ist.

*) Götz Piwinger ist mit der Orgabrain GmbH Konsortialpartner des BMBF-Forschungsprojektes KiWi Pro.

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